Reisebuch: Verliebte Igel
Am liebsten geht Chris Yates in der Dämmerung los. Dann gewöhnen sich die Augen leichter an die Dunkelheit. Der Engländer beobachtet auch gerne, wie sich die gewohnte Umgebung mit jeder Minute auf vielfältige Weise verändert. Jede Landschaft habe zwei Leben, schreibt Chris Yates in seinem Büchlein „Nachtwandern“: eines bei Tag und ein komplett differentes nachts. Wenn das eine ins andere gleitet, verschmelzen ein paar Dinge mit dem Hintergrund, andere schälen sich deutlicher heraus. Es kann dann auch zu interessanten Aufeinandertreffen von tag- und nachtaktiven Tieren kommen, „wenn etwas frühe Fledermäuse und späte Mauersegler gemeinsam herabschießen oder der Dachs den Hasen überrascht“.
Chris Yates findet mitunter eine recht blumige Sprache für seine nachtgrauen Beobachtungen. Bald würden die ersten Sterne am Himmel sichtbar, schreibt er über einen Aufbruch zu einer Nachtwanderung, „während sich die Gänseblümchen zu meinen Füßen, die den ganzen Tag ins Blaue schauten, eingefaltet hatten und nun Kindern glichen, die sich bei zudringlichen Verwandten die Hände vors Gesicht halten“.
Zudringlich will Yates auf keinen Fall sein, denn nur wenn er sich ruhig verhält, wenn er ausharrt und von den Tieren nicht als Bedrohung wahrgenommen wird, kommen sie näher, und er kann sie beobachten. Insofern wandere er eigentlich auch nicht, er geht auf kein Ziel zu, sondern rastet viel, weil er sich von etwas hat in den Bann ziehen lassen. Yates mag dieses Ungewisse, er legt es darauf an, sich zu verlaufen, und genießt es, nicht alles restlos erkennen und bestimmen zu können.
Mitunter hat er jedoch auch sehr konkrete Erlebnisse. Einmal ist ein Reh auf Armeslänge herangekommen, von hinten. Yates hat das gemerkt, sich dennoch zu schnell umgedreht. Das Tier hat erschrocken gebellt – Rehe können das -, und zwar direkt in Yates‘ Gesicht, dann ist es davongestoben. Eine Erfahrung, die der
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