Reisebuch: Vitaler Ernst
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Kann Tel Aviv standhalten? Diese Frage stellt der Schriftsteller und Essayist Marko Martin in seinem Vorwort zu Jan Windszus‘ Fotoband „Tel Aviv“. Es ist ihm ernst damit. Dabei spielt die Corona-Pandemie in dem Buch noch nicht einmal eine Rolle. Aber auch sie denkt man natürlich mit als Leser, als Betrachter. Zuletzt ist die Zahl der Neuinfektionen wieder gesunken, insgesamt aber haben sich in Israel beinahe so viele Menschen mit dem Virus angesteckt wie in Deutschland – wo allerdings fast zehnmal so viele Menschen leben. Für eine Stadt, die zu den am dichtesten besiedelten der Welt zählt und in der das Leben überwiegend in der Öffentlichkeit stattfindet, in den Bars und Restaurants, auf den Plätzen und an den Stränden, ist das Virus in einem besonderen Maß eine Bedrohung ihres Lebensnervs, ihrer Daseinsgrundlage.
Marko Martin meint etwas noch Grundsätzlicheres, eine Gefahr, die womöglich schwerer zu bannen ist als selbst die von der Pandemie ausgelöste. Er nennt die Stadt eine „Unwahrscheinlichkeit“. Weil in Tel Aviv seit Jahrzehnten etwas gegen jede Wahrscheinlichkeit glückt, was ein paar Dutzend Kilometer weiter, in Jerusalem, so krachend scheitert: den jüdischen und den arabischen Bewohnern gelingt hier ein friedliches Neben-, sogar ein Miteinander. In gewisser Weise bilde die Stadt eine Blase nicht nur innerhalb Israels, sondern innerhalb des gesamten Nahen Ostens, so Martin. Er befürchtet jedoch, dass deren Außenhaut nicht stabil genug ist angesichts des zunehmenden Drucks von außen, der immer heftigeren Attacken – und einer schwindenden Widerstandskraft im Inneren.
Er beobachtet in Israel eine „mentale Brutalisierung“ der Bevölkerung, die auch „Tel Aviv vergiften könnte“. Gleichzeitig sei es die zunehmende Militarisierung des Landes, die einem toleranten Ort wie diesem die Existenz überhaupt erst sichere. Das Leben in der Stadt ist ohnehin eine Zerreißprobe – nun wird der permanente
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